WWW - Willis Wein Werkstatt
- Verkostungsnotiz -
La Testa Classic McLaren Reserve Grenache 1998 McLaren Vale Australien  

Heute auf der Hebebühne:
La Testa Classic McLaren Reserve Grenache
1998 McLaren Vale Australien
Verkostet im Februar 2011

Beim Rotwein bin ich ja eher europäisch orientiert. Bordeaux, Burgund, Südfrankreich, Italien, Spanien, das reicht ja fast für ein Leben. Aber die Bundeskanzlerin hat ihren Untertanen lifelong learning verordnet, also müssen auch die Weine aus der neuen Welt auf den Prüfstein und - rein wissenschaftlich natürlich - von Willis strahlenden Igelaugen beleuchtet werden.

Also ran an den McLaren. Kannte ich sonst ja eher aus der Formel Eins. Und auch hier hatte ich es mit einem Boliden zu tun. Süßmarmeladige, dicke Nase, eukalyptisch, wirkt erst einmal wie ein gehobener nullachtfuffzehn Känguruhwein.

Ganz im Hintergrund allerdings noch eine etwas interessantere Note, ein leicht röstiger Thymian-Ton, der hinter dem Eukalyptus Schwerstarbeit leisten muss, damit man ihn überhaupt wahrnimmt.

Am Gaumen erst einmal schokoladig-pflaumige Harmonie, ein Spritzerchen Mineralität, auch ein wenig von dem Kräuterton, der ganz hinten in der Nase kurz seinen Auftritt gehabt hatte. Danach schlagen allerdings die 15 Prozent Alkohol gnadenlos zu; fast kann man von Kakaolikör sprechen, oder Baileys oder so was. Im Mittelteil bekommt der Wein dadurch eine Schärfe, eine Aggressivität als säße Vettel am Steuer dieses McLaren, der Alkoholturbo schaltet zu.

Seltsamerweise wird das im Abgang wieder ruhiger und charmanter. Von Cremigkeit zu sprechen, wäre übertrieben, aber die Frucht wird wieder präsenter, der Gesamteindruck milder, der Turbo schaltet ab. Eukalyptus und Minze haken dann die Schokolade unter, bringen sie vorsichtig über die Gaumenstraße wie die Pfadfinder die alte Dame. Erfreulicherweise kommt mit Luft im Abgang noch eine leicht säuerliche Schwarzkirsche hinzu.

Das macht den Wein noch eine Spur komplexer - ohne dass freilich der Gesamteindruck eines gehobenen Mainstreamaustraliers wirklich erschüttert werden könnte. Ein Wein, der mit anderthalb Prozent weniger Alkohol und etwas dezenterem Holzeinsatz nicht wirklich schwächer geraten wäre. 85 von 100 Willipunkten.

Weiter ging es mit einem Gaja Barbaresco 2004.

Share by: