Mire se vijni
Willi Igel in Albanien
"Kein schöner Land in dieser Zeit"

Eigentlich gilt jede Fahrt über die albanischen Schlaglochpisten als Rally. Vor allem wenn der Esel Vierradantrieb hat.

Der Präsident wohnt bescheiden, wenn er nicht gerade in derPalester-Bar einen hebt, residiert er in dieser Raubkopie des Elysee Palasts

Wer nicht will, der Hotxa

Envers Mausoleum in Tirana

Red Bull verleiht Fitness,

Anna und Bolika zahlen aber bar

Über Albanien weiß man in Deutschland eigentlich nur, dass man im Fußball regelmäßig Schwierigkeiten hat, es zu schlagen. Ansonsten ist die sympathische Skipetarenrepublik am Rande Südosteuropas allenfalls noch für ihren Raki berühmt, bekanntermaßen ein Nebenprodukt der Weltraumforschung, da auch und vor allem als Raketentreibstoff verwendbar. Mehr weiß man nicht.


Dies wäre jedoch nicht die Seite von Willi Igel, wenn ich diese Albanien-Bildungslücken nicht füllen wollte und nicht als erster Deutscher nach Karl May auf die Reise nach Tirana und Umgebung gegangen wäre. Hier einige Eindrücke:


Einreise auf dem Landweg:

Erfolgt zwanglos. Jedenfalls nachdem man dem freundlichen Wegelagerer vor dem Schlagbaum erst einmal drei Euro dafür in die Hand gedrückt hat, dass man sein Fahrzeug in einer Desinfektionswanne von etwaigen Spuren der Maul- und Klauenseuche säubern konnte, die allerdings derzeit in keinem der Nachbarländer Albaniens grassiert. Vielleicht deswegen war auch gar keine Desinfektionsflüssigkeit in der Wanne. Zahlen musste man natürlich trotzdem, der Hinweis auf die synallagmatische Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung, wie sie das deutsche Zivilrecht in vorbildlicher Weise geprägt hat, verfing wider Erwarten leider nicht. Mit Erreichen des Schlagbaumes waren die Probleme jedoch noch nicht bewältigt. Nun galt es mit einem allein des Albanischen mächtigen Grenzer Verhandlungen über die Visagebühr für die Einreise zu führen. Wir einigten uns schließlich auf 26 Euro, nur leider hatte der gute Mann ausgerechnet an dem Tag gar keinen Quittungsblock greifbar, so dass er das nicht schriftlich bestätigen konnte. Nach kaum 50 Minuten lebhaften Gesprächs in unterschiedlichen romanischen und anderen Sprachen, die alle Beteiligten nicht wirklich beherrschten, wurde dann endlich die Einreise gewährt.

Hier kann man albanische Logik studieren,die ist noch berüchtigter als weibliche Logik

Einreise auf dem Luftweg:

Gestaltet sich originell! Am Gate am Flughafen Frankfurt am Main schritt ein leicht subhumanoid aussehender Kerl, in eine Art Ski-Overall gewandet, auf Cowboystiefeln mit wiegendem Gang vor dem Gate auf und ab und brüllte zum großen Gaudium der Wartesaalgäste mit Stadionlautstärke in sein Handy: "Ja, die ham misch jetz rausjeschmisse! Abba mit Abfindung, wa? Isch fliesch jetz ersma nach Thailand. Drei Monate. Da lass isch mer de Eier schaukeln." In dem Stil ging es noch eine Weile weiter, was zu einer stillschweigenden Verbrüderung des Publikums und einem regen Austausch belustigter Blicke zwischen wildfremden Menschen führte. Die Überraschung am Ankunftsort dürfte nicht gering gewesen sein, denn dieses Tirana zählt jetzt nicht gerade zu den asiatischsten Orten Thailands.


Religion und Kultur:

Der Albaner ist ein zutiefst religiöser Mensch. Angebetet werden vor allem Bunker und Mercedes der 124-er Baureihe. So hat jede Familie ihren kleinen Betonverschlag, es gibt für rund 3 Millionen Albaner 683.000 Bunker, vor dem an hohen Feiertagen Gewehrschüsse abgefeuert werden. In ganz ähnlicher Weise wurden dem Mercedes prachtvolle Tempel errichtet. Oder aus ihm, denn die Flussbetten, die wegen des karstigen Gesteins meist leer sind, hat der kreative Albaner stattdessen mit Autowracks gefüllt. Das geht so weit, dass man oft kilometerlang neben einer Wand von alten Daimlern herfährt, die allesamt bis auf den blechernen Rohbau entkernt und dekorativ an den Straßenrändern drapiert sind. So wie sich im Winter beiderseits der Alpenpässe der Schnee türmt, orientiert man sich auf den kosovarischen Straßenpisten ganz leicht an den Daimlergeländern. Wieso ausgerechnet die 124er Baureihe angebetet wird, war nicht zu ergründen, neuere Fahrzeuge haben den Weg nach Albanien jedenfalls noch nicht gefunden vielleicht wegen der Wegfahrsperre. Die Bunker sind leichter zu erklären, der frühere Präsident Hotxa hat es verstanden, den Albanern begreiflich zu machen, dass sie im reichsten Land der Welt lebten und alle Nachbarländer ständig daran arbeiteten, ihnen den albanischen Reichtum zu stehlen.

 

Daher bedürfe das Land einer außerordentlichen Verteidigung. Je nun, nicht einmal Tito oder Milosevic haben je einen Gedanken daran verschwendet, in Albanien einzumarschieren, wahrscheinlich ist das Mercedeswrack als Rohstoff und Bodenschatz dann in der Weltwirtschaft doch nicht so gefragt, wie es Hotxa sich eingebildet haben muss. Und sonst gibt es nicht viel: Kühe, völlig herunter gekommene Fassaden von noch herunter gekommeneren Gebäuden und Golfplätze, wie der Albaner wegen ihrer vielen Löcher ironisch seine Straßen nennt. 

Atypisch, da noch gänzlich ohne Auto-wracks: Liebliches Tiraner Flussbett aus garstigem Gestein

Das etwas andere Restaurant

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Natur:

Sofern man das unter den Mercedeswracks erkennen kann, verfügt Albanien über einige sehr schöne Seen und durchaus gefällige Berge. Ein Ausflug in die letzteren dauert allerdings mehrere Tage, da sie mangels Straßen allein mit albanischen Geländewagen (Eseln) zu befahren sind.


Ernährung:

Der Albaner lebt vorwiegend von Raki. Hie und da nimmt er auch selbstgemachte Süßigkeiten zu sich. Was jedoch ein langwieriger Prozess sein kann, da die Küchlein von Konsistenz und Form her Eishockeypucks verblüffend ähnlich sind. Nur deswegen ist Albanien übrigens im Eishockey leichter zu schlagen als im Fußball, die Mannschaft trainiert kaum, da sie über kurz oder lang alle Pucks futtert.

Ich hasse es

Apropos Hockeypuck: Inzwischen erfreuen sich auch die wie Pilze aus dem Boden geschossenen Filialen der Fast-Food Kette "Kolonat" mehr und mehr Beliebtheit. Ähnlichkeiten mit kapitalistischen Bürgerpalästen sind natürlich nicht beabsichtigt, aber unausweichlich, da auch die in Albanien vertriebenen Produkte äußerst schwer verdaulich sind.


Architektur:

Unbedingt einen Besuch wert ist die alte Türkenfestung von Shkoder im Norden Albaniens. Wer Glück hat begegnet dem selbsternannten Kurator,in dessen Gegenwart man allerdings kein offenes Feuer machen sollte. Je nachdem, wieviel Geld ihm noch zu seiner nächsten Flasche Raki fehlt, wird er einem unter wüsten Flüchen einen frei bestimmten Betrag als Eintrittsgeld abverlangen. man das unter den Mercedeswracks erkennen kann, verfügt Albanien über einige sehr schöne Seen und durchaus gefällige Berge. Ein Ausflug in die letzteren dauert allerdings mehrere Tage, da sie mangels Straßen allein mit albanischen Geländewagen (Eseln) zu befahren sind.


Da auch hier der Hinweis auf das deutsche Schuldrecht und die am Eingang fehlende Tafel mit dem Hinweis, dass überhaupt Eintrittsgeld zu entrichten sei, nicht verfangen wird, dürfte man recht schnell zahlen, und sei es nur in der Hoffnung, dass unser Kurator, der wie so viele Albaner übrigens auf den wohlklingenden Namen Kastrati hört, die Kauleiste wieder schließe und seinen Mundgeruch etwas mehr für sich behalte.


Industrie:

Dem Straßenbild nach zu urteilen, stellt die albanische Textilindustrie vor allem Kopftücher und Alkoholfahnen her. Hinzu kommen geblümte Röcke und weiße zuckerhutförmige Gummihüte unter denen selbst Brad Pitt wie ein ausgemachter Idiot aussähe. Womit auch der Grund für den ständigen Vollsuff der Bevölkerung gefunden ist, die Albaner müssen sich einander schöntrinken. Und dass man im Suff auch schon einmal einen Wagen in den Graben oder in den Fluss setzt, ist eigentlich auch klar, oder?


Kürzlich war ich mal wieder vor Ort. Um die alten Eindrücke aufzufrischen. Ich muss schon sagen, in Albanien ist zwischenzeitlich ganz hübsch der Wohlstand ausgebrochen. Zum Glück konnte er frühzeitig genug wieder eingefangen werden, so dass die breitere Bevölkerung nicht durch rasante Einkommenszuwächse aus der Ruhe gebracht wird. Die Zahl der Luxuslimousinen ist dennoch deutlich angestiegen, zumeist gehören sie Familien, die mit Import/Export ihr Glück gemacht haben und deren Geschäfte mindestens so ehrenwert und legal sind wie die des Herrn Niebel bei Rheinmetall. Es geht häufig auch um die gleiche Warenkategorie. Also falls es mal nicht Drogen oder Menschen sind, die gehandelt werden.


Mit dem Import und Export von Flüchtlingen hat sich für die albanische Volkswirtschaft jetzt ein völlig neues Expansionsfeld ergeben. Der Internationale Währungsfonds rechnet damit, dass der Flüchtlingshandel das Land binnen weniger Jahre schuldenfrei werden lassen kann. Der Aufnahme in die EU stehen damit keine wesentlichen Hindernisse mehr im Weg.


Ich war fast gerührt, dass Ministerpräsident Nano mir gleich am ersten Abend ein opulentes Essen gegeben hat. Um die enge Verbundenheit seiner Regierung mit meiner Arbeit zu unterstreichen. "Du nennst es Satire, wir machen so Politik", sagte der erfolgreiche Staatsmann vertrauensvoll zu mir, "da haben wir doch etwas gemeinsam, lieber Willi" Vielleicht deswegen wurde das Essen auf eine eigenwillige Art und Weise serviert. Die Fritten zum Beispiel wurden in großen Trögen auf das Büffet gestellt. Ohne Besteck oder Teller. Und während ich noch wartete, ob Fatos das Gesicht über den Trog hängen und die Kartoffeln rindviechgleich aus dem Napf herausfuttern würde, sah ich, dass auf einem anderen Tisch große Schweinekoteletts aufgefahren wurden. Auch ohne Teller und ohne Messer, aber immerhin mit Gabeln. So dass man das ganze Kotelett aufspießen und langsam von der Gabel herunteräsen konnte. Den Grichtings und Loretans in der Schweiz hätte es sicher gefallen, ich fand es ein wenig unzivilisiert. Eigentlich eine diplomatische Ohrfeige, wenn einen der Premier so behandelt. Flintenuschi, schick schon mal ein Kanonenboot, ich glaube, hier machen wir Ernst!


Übrigens, ich hoffe, es kriegt jetzt keiner Angst, wenn Deutschland plötzlich wieder Kriege führt und das wird ja kommen, denn wenn wir schon den Verteidigungshaushalt nach Trumps Weisung hochfahren, müssen wir ja auch etwas davon haben. Aber was kann uns denn schlimmstenfalls passieren? Wenn wir gewinnen, kriegen wir ein paar neue schöne Ländereien dazu. Und wenn wir verlieren? Na, das wissen wir doch von 1918 und 1945: Wir müssen die Ostgebiete abtreten. Wir können also nur gewinnen!


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